Moderne Hexenverfolgung umfasst die Verfolgung von Menschen aufgrund von Hexenglauben, der nicht mit der Hexenverfolgung in der Frühen Neuzeit in Europa und Nordamerika zusammenhängt.

Der Glaube an Hexen und ihre Verfolgung als Personen, die vermeintlich Schadenzauber ausführen, sind in vielen Ländern und Kulturen, z. B. in Amerika, Asien, Ozeanien und vor allem in Afrika, auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts weiterhin gegeben. Seit 1960 sind Historiker Wolfgang Behringer zufolge vermutlich mehr Menschen wegen Hexerei hingerichtet oder umgebracht worden als während der gesamten europäischen Verfolgungsperiode. Der Hexenglaube hat nach einigen Untersuchungen teilweise erheblichen Einfluss auf die wirtschaftliche Situation eines Landes.

Verbreitung in Afrika

In einigen Ländern Afrikas – z. B. in Kamerun – ist nach der Unabhängigkeit wieder eine Gesetzgebung gegen Hexerei eingeführt worden. In nahezu allen afrikanischen Staaten gibt es entsprechende Diskurse mit dem Argument, eine Verrechtlichung von Hexenprozessen zu gewährleisten, um unkontrollierte Verfolgungen der verdächtigten Personen einzuschränken. Die meisten Experten halten dieses Ziel für zum Scheitern verurteilt, darüber hinaus werden elementare Prinzipien des modernen Rechtsstaates missachtet: Der Gerichtssaal kann nur die öffentliche Meinung bedienen, er ist verlängerter Arm des Lynchmobs. Selbst wenn rechtsstaatlich Prozesse wegen Hexerei nicht möglich sind, urteile lokale Gerichte (so z. B. in Malawi) mitunter dennoch wegen Hexerei.

Aufklärungsarbeit über die „Wirklichkeit der Hexerei“ gestaltet sich schwierig. Reichen und Mächtigen wird oft unterstellt, dass sie ihre Macht durch Ritualmorde und Hexerei erlangt hätten. Daher sehen einige in Ritualmorden tatsächlich ein Mittel, zu Macht zu gelangen. Menschlichen Körperteilen und Blut wird eine gewaltige heilende und destruktive Macht zugeschrieben.

Hexenkinder

Der ökonomische und soziale Zerfall hat seit 2000 in der Demokratischen Republik Kongo, aber auch in Togo, Tansania und anderen afrikanischen Ländern zur Stigmatisierung von Kindern als Hexenkinder geführt. Diesen Kindern werden magische Fähigkeiten zugeschrieben, mit denen sie angeblich Schadenzauber ausüben sollen. So stigmatisierte Kinder werden häufig von ihren Müttern ausgesetzt, verfolgt und ermordet. Die Aggression gegen Kinder als vermeintliche Verursacher der Krankheit AIDS und des Todes der Eltern nimmt anscheinend zu, aus Nigeria, Benin wie auch Angola sind gleichlautende Berichte zu vernehmen.

Über Immigration gibt es auch wieder Fälle von Hexenverfolgung in Europa. So wurde Ende 2012 ein 15-jähriger Junge kongolesischer Herkunft von Verwandten wegen angeblicher Hexerei in London zu Tode gefoltert.

Hexenlager für Frauen in Ghana

In Ghana sind Frauen betroffen und fliehen aus ihrer Umgebung in Hexendörfer, wo sie zusammen mit anderen Frauen, denen ebenfalls Hexerei vorgeworfen wird, leben. Die offizielle ghanaische Politik zur Schließung der Hexenlager und Rückansiedelung der geflüchteten Frauen (Resettlement) war Nichtregierungsorganisationen zufolge bislang erfolglos.

Tansania und Südafrika

Allein in Tansania wurden von 1960 bis 2000 ungefähr 40.000 Menschen ermordet, die wegen vermeintlicher Hexerei angeklagt waren. Hexerei ist kein Delikt nach tansanischem Strafrecht, jedoch handeln lokale Dorfgerichte nicht immer danach. Dort werden seit den 1990er-Jahren jährlich 100 bis 200 Fälle von Morden an vermeintlichen Hexen bzw. Zauberern berichtet.

In Südafrika bekamen Hexenjagden besonders durch die Comrades, eine Jugendorganisation des ANC, seit Mitte der 1980er Jahre eine starke Bedeutung. Seit dem Wandel 1990 stiegen die Hexenjagden danach nochmals an, mit geschätzten jährlichen Opferzahlen von mehreren Dutzend bis zu Hunderten. Hier werden alljährlich zahlreiche Ritualmorde aufgedeckt oder entsprechend zugerichtete Leichen mit fehlenden Genitalien gefunden, was den Hexenglauben weiter anfacht.

Andere Länder

Im westafrikanischen Benin wurden in den 1970ern Hexen für eine Tetanus-Epidemie verantwortlich gemacht. Anstatt Impfprogramme zu initiieren, ließ die sozialistische Regierung im Radio Geständnisse alter Frauen verbreiten, dass diese die Gestalt von Waldkäuzen angenommen haben, um die Seelen der kranken Kinder zu stehlen.

Für Nigeria sind Verfolgungen in den 1990er Jahren belegt. In Nigeria werden alljährlich zahlreiche Ritualmorde aufgedeckt oder entsprechend zugerichtete Leichen mit fehlenden Genitalien gefunden, was den Hexenglauben weiter anfacht. Der nigerianische Menschenrechtsaktivist Leo Igwe setzt sich gegen den Glauben an Hexenkinder in Afrika ein und dokumentiert dessen Auswirkungen.

Auch in der Zentralafrikanischen Republik und besonders in Kenia kommt es häufig zu Anschuldigungen und Hexenverfolgungen.

Deutsche Politik

Auf eine Große Anfrage von Abgeordneten der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Thema „Hexerei und Zauberei in Afrika“ antwortete die Bundesregierung am 16. Juli 2008:

Amerika, Asien und Ozeanien

Weitere Berichte von epidemischen Hexenjagden sind aus Süd- und Nordamerika, Indonesien, Indien, Ozeanien und den arabischen Staaten bekannt.

  • In vielen traditionellen Ethnien des südamerikanischen Tieflandes zählt die Ermordung einer Hexe oder eines Zauberers zur zwingenden Folge einer tödlichen Erkrankung. Boris Gershman (2019) zeigt die Abhängigkeit des stark verbreiteten Hexenglaubens vom Sklavenhandel. Ein Bild der Gendertheoretikerin Judith Butler wurde wegen ihrer „Hexerei“ 2017 in Brasilien verbrannt.
  • In Indonesien wurden unter Präsident Suharto Mitglieder der kommunistischen Frauenbewegung Gerwani als Hexen bezichtigt und verfolgt.
  • In der indischen Provinz Assam wurden zwischen 2011 und 2021 unter dem Vorwand der Hexerei 110 Personen umgebracht, auch aus den Jharkhand und Westbengalen werden derartige Vorfälle berichtet.
  • Im Januar 2007 wurden drei Frauen in Liquiçá/Osttimor beschuldigt, Hexen zu sein. Die Frauen im Alter von 25, 50 und 70 Jahren wurden ermordet und ihr Haus angezündet. Drei Verdächtige wurden von der UN-Polizei verhaftet. Es kam unter der ungebildeten Landbevölkerung immer wieder zu solchen Lynchtaten.
  • In Saudi-Arabien werden Männer und Frauen wegen angeblich praktizierter Zauberei oder Hexerei verfolgt und mit der Todesstrafe bedroht. Im Jahr 2011 wurde eine Frau als „Hexe“ enthauptet, die von sich behauptet hatte, sie könne auf übernatürliche Weise Krankheiten heilen, und sich für ihre angeblichen Fähigkeiten hatte bezahlen lassen.
  • In Papua-Neuguinea werden (Stand 2022) regelmäßig Frauen der Hexerei beschuldigt, verfolgt und ermordet. Bis 2013 konnte „Hexerei“ von Rechts wegen bestraft werden. Täter, die Übergriffe auf Frauen damit rechtfertigten, sie seien von diesen „verhext“ worden, konnten damit rechnen, von der Justiz des Landes mildernde Umstände zuerkannt zu bekommen. Institute wie das Missio Aachen oder die einheimische Organisation Stop Sorcery Violence von Monica Paulus versuchen dort Frauen vor der Hexenverfolgung zu retten.

Rechtsschutz

Die modernen Hexenjagden werden inzwischen vom UNHCR der UNO kontinuierlich als massive Missachtung der Menschenrechte kritisiert. Betroffen sind nach den Berichten des UNHCR die sozial Schwächsten in der Gesellschaft: vor allem Frauen und Kinder sowie Alte und Außenseitergruppen wie Albinos und HIV-Infizierte. Armut, Not, Epidemien, soziale Krisen und mangelnde Bildung fördern ebenso Hexenverfolgung wie der ökonomische Nutzen der Verfolger und ihrer Anführer, oft Pastoren oder „Hexendoktoren“, die z. B. an Exorzismen oder am Verkauf von Körperteilen der Ermordeten verdienen.

Eine „wohlbegründete Furcht vor (Hexen-)Verfolgung“ kann ein Fluchtgrund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention sein. Durch einen Umzug in andere Landesteile könne gesellschaftlichem Druck und Verfolgung wie Genitalverstümmelung oder Hexenverfolgung jedoch ausgewichen werden, wenngleich dies angesichts weitverzweigter Verwandtschaftsbeziehungen keine völlige Sicherheit biete.

Internationaler Tag gegen Hexenwahn

Das päpstliche Missionswerk missio hat den Internationalen Tag gegen Hexenwahn ins Leben gerufen, der erstmals am 10. August 2020 begangen wurde.

Einzelnachweise


Hexenverfolgung in der Neuzeit/Bildersammlung RMGWiki

Moderne Hexenverfolgung Vertreibung, Folter und Mord

Hexenverfolgung Kreislexikon Mettmann

Hexenverfolgung Historisches Lexikon Bayerns

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